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b) Entwicklung des AH-Fußball im neuen Jahrhundert
Die Situation des „Altherren-Fußballs" in Deutschland stellt sich
bislang eher heterogen dar: Während in vielen Landesverbänden (z.B.
Berlin, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern,
Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und Bayern) bereits ein
gut funktionierender (Punkt)Spielbetrieb mit verschiedenen
Leistungsklassen sowie Auf- und Abstiegen aufgebaut wurde, beschränken
sich die Spielmöglichkeiten in den anderen Bundesländern auf
Freundschaftsspiele, selbst organisierte Spielrunden oder Pokalturniere,
die in den meisten Landesverbänden auf Kreis- und Landesebene
ausgetragen werden. Auch bezüglich der Festlegung der Altersklassen
(Ü-32, Ü-35, Ü-40, Ü-45, Ü-50, Ü-60, Ü-70) oder der Organisationsform
(Großfeld- oder Kleinfeldspiele) zeigen sich zwischen den
Landesverbänden deutliche Unterschiede. In Deutschland gibt es keine einheitliche Regelung, wann ein Fußballer
zu den „Alten Herren" gehört. Im Sport allgemein werden männliche
Akteure, die über 30 Jahre alt sind, als „Alte Herren" apostrophiert.Im Vordergrund steht bei ihnen der Spaß und die Freude am Fußballsport.
Gespielt wird nach den offiziellen Fußballregeln. Allerdings werden
einige Ausnahmen gemacht: So ist die Spielzeit in der Regel verkürzt.
Die Anzahl der Auswechselspieler ist nicht begrenzt. Es darf auch
„fliegend" gewechselt werden. Das bedeutet, dass keine
Spielunterbrechung abgewartet werden muss, um einen Spieler
auszuwechseln. Auch darf ein Spieler, der ausgewechselt wurde, wieder
eingewechselt werden. Durch die Einführung der DFB-Ü40/Ü50 Cups (2007/2013) durch den DFB, den
Deutschen AH-Supercup Ü32 (2006 - Privatinitiative) und dem Deutschen
Ü-40 Pokal (2017 - Privatinitiative) wurden für die AH-Fußballer
Wettbewerbe geschaffen, die über den regulären
Liga-/Freundschaftsspielbetrieb hinaus für die Spieler attraktiv und für
die Zuschauer interessant sind - und die hervorragend angenommen
wurden. Es sind bundesweite AH-Wettbewerbe, die an die Stelle früherer
überregionaler Amateur-Meisterschaften (wie der Deutschen
Amateurmeisterschaft und dem Amateurländerpokal, die bis Ende des
letzten Jahrhunderts ausgespielt wurden und sich großer Beliebtheit
erfreuten) getreten sind und nun dem AH-Fußball eine neue Attraktivität
verleihen. So hat sich der AH-Fußball in den letzten Jahren auf gewisse
Weise zum „Herz des Amateurfußballs" entwickelt. Aber nicht nur die Spiele um Pokale und Meisterschaften in Deutschland
machen den AH-Fußball für die Oldies über 32 Jahren wieder interessant,
es sind auch Auslandsreisen die AH-Teams eigenständig organisieren. Dort
treten sie gegen einheimische Mannschaften an und tragen zur
Völkerverständigung bei.
c) Interessante Geschichten von deutschen AH-Teams
Am Beispiel der AH der DJK Schwabsberg/Buch, aus dem Landesverband
Württemberg, wollen wir einmal aufzeigen, was durch Eigeninitiative und
Kontakte in dieser Altersgruppe noch zustande kommen kann. Die DJK Schwabsberg/Buch ist ein Verein aus der Bezirksliga
Ostwürttemberg (8. Klasse), der seit vielen Jahren eine gut organisierte
und funktionierende AH-Abteilung hat. Das Team hat mit Heiko Gotschke
(ehemaliger U21-Nationalspieler der DDR und Ex-Profi bei LOK Leipzig in
der DDR-Oberliga) und Thomas Freller (ehemaliger Gastspieler in der 2.
maltesischen Liga) zwei Spieler in seinen Reihen, die auch schon höhere
fußballerische Weihen erfahren haben. Der Großteil des Team setzt sich aber aus Spielern zusammen, die in der
Landes- und Bezirksliga aufgelaufen sind und die schon seit vielen
Jahren zusammen spielen. Das sportliche Highlight der letzten Jahre war
für die Old Boys aus Ostwürttemberg ohne Frage die „Länderspielreise" im
November 2015, nach Malta. Die Idee des „Länderspiels" zwischen dem 1.500 Seelen-Dorf auf der
Ostalb und den Inselstaat Malta entstand 2014 beim 50. Geburtstag des AH
Spielers Dr. Thomas Feller, der 15 Jahre auf Malta lebte und neben
seiner Fußballkarriere in Maltas 2.Liga als Dozent an den Universität
von Malta tätig war. Er und seine Sportkameraden saßen mit dem Botschafter Maltas in
Deutschland Dr. Albert Friggieri, der ebenfalls Gast bei der
Geburtstagsfeier war, zusammen. Nach guten Gesprächen über das
Lieblingsthema Fußball und einer feucht fröhlichen Feier wurde im Laufe
es Abends die Frage gestellt, „wie wäre es einmal mit einem Länderspiel
?". Aus der Scherzfrage entwickelte sich dann eine Geschichte, die wohl
nur im AH-Fußball möglich ist. Dr. Friggerie informierte im Januar 2015 das maltesische
Sportministerium darüber, dass die Oldies der DJK einen Gegner auf Malta
für ein sogenanntes „Länderspiel" suchten. Der Fußball-Verband Maltas
zeigte sich interessiert, und so wurden zwei Spiele für November 2015
gegen eine Ü-30 Ex-Profiauswahl Maltas, mit sieben Ex-Nationalspielern
und einer Auswahlmannschaft des maltesischen Sportministeriums geplant. Das Kuriose an den beiden Spielen, sie sollten beide am gleichen Tag
stattfinden. Das war für die Kicker aus Schwabsberg/Buch aber auch kein
Problem, hatten sie doch einen 27 Mann starken Kader für die Maltareise
zusammengestellt. Das Spiel gegen die „Ü-30 Nationalmannschaft" von
Malta fand im Centenario Stadion, das ca. 3.000 Zuschauer fasst, statt.
Gegen die Auswahlmannschaft des Sportministeriums wurde dann im Luxol
Sports Ground gespielt. In beiden Stadien sind die Spielfelder aus
Kunstrasen, was für die Oldies von der Ostalp zudem Neuland war. Die Verantwortlichen der AH der DJK informierten daraufhin den DFB und
die Gemeinde Rainau, zu denen die Orte Schwabsberg und Buch gehören
sowie die Landesregierung von Bad Württemberg, und die zeigten sich
aufgrund dieser einmaligen und ungewöhnlichen Aktion geberfreundlich. Von der Landesregierung gab es 10 Fußbälle, die Gemeinde Rainau stiftete
einen Zinnteller als Gastgeschenk, aber den Vogel schoss der DFB ab.
Angetan vom Ideenreichtum und der Eigeninitiative der Schwabsberg/Buch
Old Boys rüsteten sie das Team mit DFB-Wimpeln und komplett mit
Nationaltrikots aus. Mit dem Bundesadler auf der Brust ging es dann in
die Partien gegen die Malteser. Gegen die „Ü-30 Nationalmannschaft" Maltas mussten die Mannen von der
Ostalb, die einen Altersdurchschnitt von fast 50 Jahren hatten, trotz
heftiger Gegenwehr eine 0:7 Niederlage einstecken. Mit dem
Mannschaftsbus ging es danach gleich weiter ins Luxol Stadion. Auch die
Auswahl des Sportministeriums von Malta hatte wieder vier
Ex-Nationalspieler in seinen Reihen und war im Durchschnitt jünger als
der Gegner aus Deutschland. Auch dieses Spiel wurde mit 0:1 verloren,
aber die Oldies der DJK Schwagsberg/Buch hatten sich bestens verkauft.
Beide Spiele wurden vom maltesischen Fernsehen aufgezeichnet ebenso wie
die Ankunft am Flughafen, wo sie von Maltas Sportminister Chris Agius
empfangen wurden. „So etwas erlebt man mit Sicherheit nur einmal", erinnert sich
AH-Abteilungsleiter Achim Vogler. Doch die Oldies von der Ostalp legten
2017 noch einem drauf. Bei der Malta Soccer Trophy 40+ im Februar traten
sie neben neun weiteren Ü-40 Teams aus der Schweiz, Deutschland und der
Ü-40 Nationalmannschaft von Malta an. Dort scheiterten die DJKler schon
in der Vorrunde. Mit der SG Hoechst Classique, die in diesem Jahr im
September in Berlin Deutscher Ü-40 Meister wurde, und dem mehrmaligen
Norddeutschen Ü-40 Regionalmeister TSV Reinbek, trafen sie auf zwei
deutsche Ü-40 Spitzenteams. Gegen die Hoechster unterlagen sie 0:3 und
gegen Reinbek mit 0:2. Am Ende belegten sie bei diesem Ü-40 Turnier
Platz 9, noch vor dem Schweizer Team BSC Old Boys Basel, und wieder
hatten die Kicker der DJK ihren Verein und ihre Gemeinden würdig
vertreten.
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